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„Kulturpolitik ist mehr als einzelne Musentempel vor dem Verfall zu schützen!“

Besuch im Markgrafentheater und kulturpolitische Diskussion – SPD-Spitzenkandidat Christian Ude in Erlangen

Zu einem gut besuchten Kulturgespräch im Foyer des Erlanger Redoutensaals konnte Florian Janik, SPD-Fraktionsvorsitzender und OB-Kandidat, den Münchener Oberbürgermeister und Landtagsspitzenkandidaten Christian Ude begrüßen.

Ude hat zu Beginn seines Erlangen-Besuches unter der kundigen Leitung der Theaterleiterin Katja Ott unter anderem gemeinsam mit Landtagskandidat Philip Dees das Markgrafentheater, das älteste bespielte Barocktheater Süddeutschlands, besichtigt und war sichtlich beeindruckt von dieser schönen Spielstätte. Doch auch das Garagentheater und das Theater-Café haben ihn interessiert, während er mit Kulturreferent Dieter Rossmeissl und der Erlanger Intendantin die Finanzprobleme der nichtstaatlichen Theater erörtern konnte.

Zwei eindrucksvolle Zahlen, präsentiert von Rossmeissl, zeigen, wie der Freistaat diese Theater vernachlässigt: während alle nichtstaatlichen Theater in Bayern mit ca. 44 Mio. Euro im Jahr gefördert werden, beträgt schon allein der Staatsetat für die Bayerische Staatsoper knapp 60 Mio. Euro.

Diese Diskrepanz in der Verteilung der staatlichen Kulturförderung war auch immer wieder Thema in dem sich anschließenden Kulturgespräch, das Dieter Rossmeissl moderierte. Ude fasste seine Kritik knapp zusammen: „Die CSU-FDP-Regierung im Freistaat orientiert sich viel zu sehr an der Bewahrung des kulturellen Erbes, konzentriert die Mittelvergabe auf zentrale Musentempel und einzelne Leuchttürme und vernachlässigt dabei die kulturelle Förderung in der regionalen und inhaltlichen Breite.“ Florian Janik ergänzte in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer kulturellen Breitenarbeit für die Entwicklung kreativer Pole, aber auch für die Entwicklung individueller Lebensentwürfe. Und damit habe Kultur immer auch etwas zutiefst Demokratisch-Emanzipatorisches, das nur durch breite Beteiligung entstehen kann.

Kulturfonds nicht ausreichend und zum Teil mit absurden Beschränkungen

Auf Rossmeissls Frage, ob denn nicht der Kulturfonds Bayern eben dies leisten könne, bestätigten Ude und Janik die Bedeutung dieses Finanzierungsinstruments, wiesen aber auch auf seine – zum Teil absurden – Grenzen hin. So verhindert zum Beispiel das so genannte „Wiederholungsverbot“ eine mittelfristige und mehrjährige Anschubfinanzierung vorbildlicher Projekte, wie z.B. die europaweit beachtete Erlanger Festivals (Figurentheater, Comic-Salon und Poetenfest), die dann immer wieder um eine ausreichende Finanzierung durch die Kommunen kämpfen müssen.

In Udes Regierungsprogramm findet sich somit auch eine Idee seines designierten Kulturministers Julian Nida-Rümelin wieder, der eine Bayerische Kulturstiftung einrichten will. Damit würde man in transparenter Förderung gegenwartsbezogene Kulturprojekte im gesamten Land (auch mehrjährig) unterstützen können, wobei ein paritätisch besetzter Gutachter-Ausschuss (50% Kultur – 50% Politik) gleichzeitig die Staatsferne aber auch die Einbindung der politischen Entscheidungsträger gewährleisten kann.

Kultur und „Re-Demokratisisierung der Gesellschaft“

In der sich anschließenden Diskussion mit dem Publikum standen neben lokalen Erlanger Problemen vor allem zwei Themenkreise im Mittelpunkt: Wie kann es gelingen, wieder mehr junge Leute für die Kultur zu interessieren? Und: Hat Kultur nicht auch einen wesentlichen Beitrag zur Festigung unsere Demokratie im Kampf gegen rechts zu leisten, müssen entsprechende Initiativen nicht auch durch den Staat gefördert werden?

Florian Janik ist es gelungen, zum Ende der Veranstaltung diese beiden Anforderungen miteinander zu verknüpfen, indem er eine Kultur der gesellschaftlichen „Re-Demokratisierung“ forderte, die die breite Beteiligung aller sicherstellt. Deshalb könne es nach Janik nicht darum gehen, Kunst und Kultur zu instrumentalisieren; der Staat müsse vielmehr durch Finanzierung und (geistige und örtliche) Freiräume kulturelle Entfaltung ermöglichen, die die Menschen mit ihren Wünschen, Sehnsüchten, Problemen und Lebensentwürfen widerspiegeln. Eine sich so entwickelnde Kultur wird auch wieder auf das Interesse selbstbewusster Menschen stoßen und die Gesellschaft stärken gegen demokratiefeindliche, autoritäre, menschenverachtende Ideologien.