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Friedensdemo vom 02. April 2022 – Redebeitrag von Dr. Katrin Hurle für die SPD Erlangen

Man hört bezüglich des Angriffskriegs Putins gegen die Ukraine sehr viel über die tapferen ukrainischen Männer, die derzeit unter Einsatz ihres Lebens ihre Heimat verteidigen – und zweifelsohne gilt ihnen großer Respekt. Jedoch dürfen dabei die Rolle und die besondere Situation der Frauen in diesem Krieg keinesfalls vergessen werden.

Zunächst mag es so erscheinen, als würden die traditionellen Rollenbilder klar zum Vorschein treten: Die Frauen als das vermeintlich „schwache Geschlecht“ suchen in sicheren Ländern Schutz, während die Männer tapfer die Heimat verteidigen. Schließlich handelt es sich bei einem Großteil der Geflüchteten um Frauen und Kinder, Männer im wehrfähigen Alter dürfen die Ukraine gar nicht verlassen.

Doch Frauen sind nicht per se das schutzbedürftige „schwache Geschlecht“: Viele Frauen zeigen in der Kriegssituation eine beachtliche Stärke. So ist die Landesverteidigung keine rein männliche Angelegenheit: Einige Frauen greifen zur Waffe und stellen sich der russischen Armee, die ukrainische Armee besteht immerhin zu 15 % aus Frauen. Organisationen wie Ukrainian Women‘s Guard organisieren Selbstverteidigungs- und Überlebenstrainings für Frauen im Krieg.

Einige Frauen halten in der Heimat Stellung, ohne zur Waffe zu greifen: Frauen im Gesundheitswesen, die sich trotz der gefährlichen Umstände – schließlich werden immer wieder auch Krankenhäuser beschossen – weiter mit vollem Einsatz um die Vielzahl an Kranken und Verletzten kümmern. Andere wollen nicht fliehen, da sie Angehörige, die beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen nicht fliehen können, nicht im Stich lassen wollen.

Doch trotz der beachtlichen Stärke, die viele Frauen an den Tag legen, darf nicht vergessen werden, dass gerade Frauen in Kriegen oft in besonderer Hinsicht die Leidtragenden sind. Werdende oder frisch gebackene Mütter sind in einer äußerst dramatischen Situation, wir alle kennen die Bilder von Müttern mit ihren Neugeborenen in Luftschutzbunkern. Medizinische Versorgung ist oft mangelhaft.  

Dazu kommt es in Kriegsgebieten verstärkt zu sexualisierter Gewalt gegenüber Frauen, Vergewaltigung wird oft als Kriegswaffe eingesetzt. Auch aus der Ukraine gibt es Berichte über Vergewaltigungen durch russische Soldaten.

Die Frauen, die sich – meist allein oder mit ihren Kindern – auf die Flucht begeben, sind ebenfalls Gefahren ausgesetzt. Die Flucht aus dem Kriegsgebiet ist beschwerlich, die Frauen sind oft tagelang in überfüllten Zügen unterwegs. Besonders die Frauen aus dem Osten der Ukraine müssen einen großen Teil ihrer Reise durchs Kriegsgebiet bewältigen, mit den damit verbundenen Gefahren.

Doch auch wenn sie es über die Grenze geschafft haben, sind sie noch nicht unbedingt in Sicherheit: Immer wieder gibt es Fälle, bei denen Männer ukrainischen Frauen bei der Ankunft dubiose Wohn- oder Übernachtungsangebote machten. Es geht um den Verdacht der sexuellen Ausbeutung, Zwangsprostitution oder des Menschenhandels. Deshalb ist es absolut wichtig und richtig, dass die zuständigen Ministerinnen Ukrainerinnen mit einer hohen Polizeipräsenz an Bahnhöfen und entsprechender Sensibilisierung des Einsatzpersonals vor derartigen Verbrechern schützen möchten. Wir müssen alles dafür tun, dass die Frauen, die glücklicherweise dem Schrecken des Krieges entkommen konnten, nicht im nächsten Alptraum landen.

Doch perspektivisch müssen wir uns überlegen, wie wir eine Welt schaffen können, in der niemand mehr vor einem Krieg fliehen muss. Können Frauen auch ein Teil der Lösung sein? Wäre die Welt ein friedlicherer Ort, wenn Frauen mehr zu sagen hätten? Immerhin wurde der aktuelle Krieg von einem Mann angezettelt, der sich, oben ohne auf einem Pferd reitend, als „typisch männlich“ inszeniert – doch letztlich ist er kein starker Kerl, sondern ein Paradebeispiel toxischer Männlichkeit mit Hang zu narzisstischen Selbstinszenierungen und einem übersteigerten Machtbedürfnis.

Tatsächlich zeigen zahlreiche empirische Studien: Friedensverhandlungen, an denen Frauen in führender Verantwortung beteiligt sind, entwickeln einen nachhaltigeren Effekt. Trotzdem sind Frauen nach wie vor bei der Krisenprävention, Stabilisierung und Friedenskonsolidierung vernachlässigt. Frauen müssen in diesen Bereichen daher künftig viel stärker vertreten sein und insbesondere bei den Vereinten Nationen, der EU und der NATO gleichberechtigt mitwirken. Eine feministische Sichtweise auf Konflikte, deren Ursachen und die Möglichkeiten zu deren Beilegung ist unverzichtbar, um nachhaltig Frieden zu schaffen.

Denn eines klar: Krieg bringt Verderben, für Frauen und für Männer.