Artikel in den Erlanger Nachrichten vom 18.5.04
Die Erlanger SPD hat der Stadtspitze vorgeworfen, ihrer wichtigen Aufgabe einer städtebaulichen Strukturplanung nicht nachzukommen. Kreisvorsitzender Robert Thaler in der Mitgliederversammlung: „Große Investitionen werden ständig am falschen Ende aufgezäumt. Immer, wenn sich ein Investor meldet, werden dessen Vorstellungen geplant.“
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- Lesen Sie hierzu auch die Positionen der Bürgergemeinschaft gegen das Arcaden-Projekt.
Thaler und seine Stellvertreterin Ursula Lanig vermissen eine eigene Konzeption der Rathaus-Verantwortlichen. Lanig verwies auf das Beispiel Würzburg, wo sich das Essener Immobilienunternehmen „mfi“ — das auch in Erlangen die „Arcaden“ realisieren will — auf die Wünsche der Stadt habe einlassen müssen, ein Kongresszentrum für etwa 5.000 Personen mit zu integrieren. Auch in Neukölln sei mit dem Einkaufskomplex ein Multiplex-Kino entstanden, in Spandau ein Hotel und dort ebenso wie in der Schönhauser Allee in Berlin große Fitness- und Wellnessbereiche.
Die Kommunalpolitikerin: „Anstatt aktive Stadtentwicklung zu betreiben und für dieses hervorragende Grundstück einen Bebauungsplan aufzustellen, der den Anforderungen unserer Stadt entspricht, lässt sich die Mehrheit im Stadtrat für die Interessen einer Firma einspannen, die in vielen anderen Städten ihre Arcaden nach der Fertigstellung nicht einmal mehr selbst betreibt. Immobilienverwerter planen in Abschreibungszeiträumen, für eine Stadt geht es aber um Weichenstellungen, die auch noch in mehreren Jahrzehnten Bestand haben müssen.“
Auch MdL Wolfgang Vogel forderte Typisches für die Hugenottenstadt: Keine Kastenarchitektur und mehr Handelsvielfalt, nicht nur die Verlagerung bereits bestehender Geschäfte aus der Haupt- bzw. Nürnberger Straße in den Einkaufstempel und damit den drohenden Leerstand dort („Soll die Hugenottenstadt platt gemacht werden?“). Stadträtin Brigitte Mugele erinnerte an das „Trauerspiel“ mit den Arcaden in Regensburg: mit einer „verödeten Innenstadt und einem hässlichen Klotz“.
Lanig („Die Stadtspitze wirft ein Grundstück in bester Lage einem Investor zum Fraß vor“) forderte Oberbürgermeister Siegfried Balleis, seine Mitarbeiter und den Stadtrat auf, den Investor in Erlangen mit mehr oder weniger Druck zu bewegen, von seinem „08/15-Konzept“ abzugehen zu Gunsten einer multifunktionalen Nutzung: „Schließlich erwartet der Investor von der Stadt Baurechte, die für mfi bares Geld bedeuten. Dafür kann und muss die Stadt auch Gegenleistungen in Form einer stadtverträglichen Nutzung erwarten und fordern.“
Die SPD, die bereits in einem früheren Beschluss die Arcaden als reines, autark in der Innenstadt liegendes Einkaufszentrum abgelehnt hat, wird sich mit Plakaten und Flugblättern an der Gegenbewegung zum von der Mehrheit des Stadtrats beschlossenen Ratsentscheids beteiligen. Der von der SPD eingeladene Kurt Betz („Schuh-Schuster“) von der Bürgerinitiative „Bündnis stadtverträgliche Arcaden“ warnte in einem Diskussionsbeitrag vor Leerständen in der Stadt nach einer Realisierung der Arcaden („Die Nürnberger Straße wird wie die Breite Gasse in Nürnberg“). Er bedauerte, dass beim Verkauf des Postgeländes nicht der mfi-Konkurrent ECE, der seine Center selbst betreibt, zum Zuge gekommen sei („Das hätte eine Bereicherung werden können“). Sein Kollege Gerhard Städtler, Juwelier in der Hauptstraße, zitierte mfi-Aufsichtsratschef Appelt mit dem Satz: „Wenn ich nicht so bauen kann, wie ich will, dann lasse ich das Gelände eben brach liegen.“
Einzig der frühere Bezirksrat Willi Gehr bezog eine Gegenposition. Er bezeichnete den inzwischen dreieinhalb Jahre andauernden Stillstand um die Bebauung als „unverantwortlich“. UDO B. GREINER
Einen Beschluss der SPD zu den Erlanger Arcaden können Sie hier als pdf-file herunterladen.