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SPD Erlangen: Zur Debatte um die Aufführung des Stücks „Die Wölfe“

In der Kreismitgliederversammlung am 16.10.2003 hat die Erlanger SPD folgende Erklärung zu der geplanten Aufführung des Theaterstücks „Die Wölfe“ beschlossen.

Zur Debatte um die Aufführung des Stücks „Die Wölfe“
Das „Erlanger Bündnis für den Frieden“ ist äußerst besorgt über die geplante Aufführung des Stücks „Die Wölfe“ von dem faschistischen Autor Hans Rehberg. Auch der Stadtratsbeschluss, der begleitende Ausstellungen und Veranstaltungen vorsieht, kann unsere Sorge und unser Unverständnis nicht mildern.

In unserem Verständnis bilden das Engagement für eine friedliche Welt ohne militärische Auseinandersetzungen und Antifaschismus eine nicht zu trennende Einheit. Gerade die deutsche Vergangenheit ist uns Auftrag und Verantwortung, nicht nachzulassen in der Erinnerung sowohl an die Opfer als auch den Widerstand gegen den Faschismus. Im Geist der Aufklärung und Versöhnung bemüht sich das „Erlanger Bündnis für den Frieden“ seit Jahren um Begegnungen mit der oberitalienischen Stadt Cumiana, deren Einwohner im April 1944 ein furchtbares Massaker unter dem Befehl eines Erlanger SS-Offiziers erlebten. „Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ ist die gemeinsame Botschaft, die alle in den vergangenen Jahren entstandenen Verbindungen zwischen Cumiana und Erlangen prägt.

Die Aufführung des Stücks „Die Wölfe“ wird von der Intendantin Frau Dhein mit dem Hinweis auf eine sprachkritische Inszenierung verteidigt. Wir halten diese Begründung für ungenügend. Eine solche Inszenierung scheint uns politisch naiv und als ein Schlag gegen die antifaschistische und antimilitaristische Arbeit der Friedensbewegung in Erlangen. Vor dem Hintergrund verstärkter neonazistischer Umtriebe in der Region, insbesondere der empörenden Auftritte einschlägig bekannter Neofaschisten in Nürnberg und Wunsiedel, besteht grundsätzlich die Gefahr einer ungewollten Verharmlosung gefährlicher gesellschaftlicher Entwicklungen durch die geplante Aufführung.

Die bisherigen Auseinandersetzungen haben bereits gezeigt, dass der sensible Bereich von Kunst und Zensur berührt ist. Wir sind keinesfalls der Meinung, dass eine Auseinandersetzung mit Originaltexten faschistischer Autoren sich von selbst verbietet. Selbstverständlich betrachten wir wissenschaftliche und auch künstlerische Beschäftigung mit geschichtlichen Erfahrungen als Teil gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Ausgehend aber von dem Satz: „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“, sind an die Beschäftigung insbesondere mit originalen Werken des Faschismus besondere Maßstäbe anzulegen. Wer Kriegshetze und Völkerhass predigt, vertritt eben nicht nur seine Meinung! Das Grundgesetz ist in Artikel 139 völlig eindeutig mit dem Verbot jeder Äußerung nazistischen Gedankenguts.

Viele Fragen bleiben offen:

Warum soll gerade ein auch künstlerisch so umstrittenes Stück die Grundlage der Auseinandersetzung mit dem Faschismus bilden?

Warum wird das Stück eines faschistischen Autors den zahlreich vorhandenen Werken mit eindeutig antifaschistischem und antimilitaristischem Charakter, die es in der deutschsprachigen Dramatik ja gibt, vorgezogen?

Warum soll im Jahr 2004 ein kriegerisches Durchhaltestück die Diskussion besonders befruchten? Gibt es Parallelen zur heutigen Gesellschaft? Wenn ja, worin bestehen sie?

Wie soll durch die Inszenierung selber gewährleistet werden, dass der verbrecherische Charakter von Krieg, Völkermord und Faschismus jederzeit deutlich wird?

Wir möchten keinen Zweifel daran lassen, dass uns eine Absetzung dieser Aufführung die vernünftigste Lösung erscheint. Wir fordern die Theaterleitung auf, dieses Stück abzusetzen. Sollte sich die Theaterleitung nicht zu diesem Schritt entschließen können, werden wir dies nicht hinnehmen und gegebenenfallsengagiert dagegen protestieren.

Da uns die Diskussion noch keineswegs abgeschlossen scheint, schlagen wir eine Weiterführung der öffentliche Debatte unter Einschluss des Theaters und der Stadträte vor. Die Initiative hierzu sollte vom Oberbürgermeister ausgehen und eine Räumlichkeit vorsehen, die einer Art „außerordentlichen Bürgerversammlung“ angemessen ist. Die Mitgliedsorganisationen des „Erlanger Bündnis für den Frieden“ werden sich mit ihrer Meinung gerne an einer solchen Debatte beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen

Erlanger Bündnis für den Frieden