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Klima-Aufbruch und sozialer Ausgleich – Haushaltsrede von Barbara Pfister

in den vergangenen Wochen haben wir viel über Zahlen und über einzelne Haushaltspositionen diskutiert. Heute, wo wir den Haushalt beschließen, müssen wir den Blick wieder weiten für die Rahmenbedingungen, innerhalb derer wir als Kommunen Politik gestalten können. Für die SPD-Fraktion bedeutet dies, neben den Perspektiven der städtischen Finanzen auch grundsätzliche Fragen und Ziele, gesellschaftliche Veränderungen und Herausforderungen wahrzunehmen und den Haushalt, seine Schwerpunkte und Projekte dazu ins Verhältnis zu setzen.

Im vergangenen Jahr habe ich in meiner Rede von „Haushaltsberatungen in Zeiten der dreifachen Krise“ gesprochen: Klimawandel, Corona und Angriffe auf die Demokratie Diese Krise hat seitdem noch an Brisanz gewonnen. Die Pandemie mit ihren Folgen wie der Zuspitzung von Ungleichheiten, der Verlust von Vertrauen in Wissenschaft und Staat, die Bedrohung der Demokratie durch eine zunehmend radikalisierte und gefährlich rechtslastige Minderheit fordern heute mehr denn je unser mutiges Eintreten für unsere Grundwerte. Reichtum und Lebenschancen sind nach zwei Jahren Pandemie noch ungleicher verteilt, steigende Energiepreise, Bodenspekulation und explodierende Mieten bedrohen viele Menschen existenziell. All dies erschwert die gewaltige Transformation hin zu einer Stadt, die gemeinsam mit allen Bürgerinnen und Bürgern und den Handelnden in Wirtschaft und Gesellschaft Klimaneutralität erreicht und zugleich die Menschen vor den bereits eingetretenen Auswirkungen des Klimawandels bestmöglich schützt.

Es gibt zugleich aber auch sehr positive Entwicklungen. Wir können berechtigte Hoffnung darin setzen, dass die neue Bundesregierung durch ihre Umwelt- und Klimapolitik, die Förderung von Teilhabe und sozialem Ausgleich und die entschlossene Bekämpfung des Rechtsextremismus bessere Grundlagen für unseren Weg zu einer ökologisch ausgerichteten Stadt für Alle schafft. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Stärkung der Tarifbindung und die Erhöhung des Mindestlohns oder die geplante Kindergrundsicherung sind in dieser Hinsicht sehr positive Signale. Auf kommunaler Ebene wurden in Erlangen die ersten Maßnahmen des Klima-Aufbruchs umgesetzt, weitere werden intensiv vorbereitet und die Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger*innen erweitert. Das äußerst engagierte Handeln der Stadtspitze und der Verwaltung insgesamt zur Eindämmung der Pandemie und zur Information und Aufklärung stärkt das Vertrauen in die Stadt. Mit dem entschiedenen Einsatz gegen Desinformation und Demokratiefeindlichkeit bieten der Oberbürgermeister und die Stadtspitze Orientierung. Transparenz, Beteiligung und Dialogbereitschaft wirken der Entfremdung der Menschen von ihrer Stadt – und damit vom Staat – entgegen.

Den Klima-Aufbruch sozial und gemeinsam gestalten

Mit dem heutigen Haushaltsbeschluss zeigen wir, dass wir uns den großen Herausforderungen stellen und die Ressourcen der Stadt bestmöglich einsetzen, um sie zu bewältigen: Wir müssen enorme Anstrengungen für den Klima-Aufbruch unternehmen. Für dessen Umsetzung ist es zugleich wichtig, auf sozialen Ausgleich, auf ein gesellschaftliches Klima der Offenheit und des Respekts zu setzen, Lebensqualität ganz konkret zu fördern und Perspektiven für die Entwicklung unserer Stadt aufzuzeigen. Ohne eine funktionierende Infrastruktur, soziale Teilhabe, hochwertige Bildungs- und Kulturangebote, Beteiligung und Begegnung in den Stadtteilen kann dies nicht gelingen. Für eine in diesem Sinne ausgewogene Politik in Erlangen steht die SPD mit ihrem Oberbürgermeister seit fast acht Jahren. Die Ausrichtung und die Projekte, die wir seit 2014 durchsetzen konnten, prägen bereits den Haushaltsentwurf. Investitionsmittel in Rekordhöhe fließen in Schulsanierungen und Kita-Ausbau, den KUBIC, das neue Zentrum für Austausch und Machen in der Altstadt, in Stadtteilzentren, die Stadt-Umland-Bahn und den Zukunftsplan Fahrradstadt, in die Aufwertung der Plätze und die Begrünung und vieles mehr. Auch die Budgets der städtischen Ämter und die gewährten Zuschüsse, z. B. beim Umweltamt, der Volkshochschule, der Kulturförderung und im sozialen Bereich lassen die Stadtratsbeschlüsse der letzten Jahre und damit unsere Handschrift eindeutig erkennen. Ermöglicht wird all dies durch eine auch in diesem Jahr günstige Einnahmesituation der Stadt, die wir nicht als gegeben ansehen dürfen. Sollte sich diese in den kommenden Jahren verändern, werden wir noch stärker auf die richtigen Prioritäten achten.

Wir schaffen in diesem Jahr neue Stellen in großem Umfang, gerade auch um die Basis für den Klima-Aufbruch in den kommenden Jahren zu schaffen, aber z.B. auch für neu geschaffene Einrichtungen wie Kitas. Zwar wären wir aus Sicht der SPD angesichts des ungeheuren Bedarfs und der Belastung vieler Mitarbeiter*innen noch höher gegangen, erkennen jedoch an, dass die CSU uns ein ganzes Stück entgegengekommen ist, aus der gemeinsamen Einsicht in den dringenden Bedarf, aber auch aus Verantwortung für die Beschäftigten. Ein wesentlich höheres Volumen des Stellenplans, wie es heute verschiedentlich beantragt wurde, halten wir allerdings nicht für verantwortbar, das würde unsere Handlungsfähigkeit gefährden, wohl nicht in diesem Jahr, aber in den Jahren. Solange Bund und Land die Finanzausstattung der Kommunen nicht strukturell deutlich verbessern, geht das, was z. B. die Grünen heute beantragt haben nicht – und ich weiß eigentlich, dass den Grünen das auch bewusst sein muss. Ja, man kann sagen, die Grünen haben zu ihrer Oppositionsrolle gefunden, aber sie schütten dabei möglicherweise das Kind mit dem Bade aus. Völlig unrealistische Forderungen aufzustellen, zeichnet insbesondere große Fraktionen nicht aus. Unrealistische Forderungen aufzustellen, führt zu einer Polarisierung und führt auch zur Desorientierung. Die Folgen für den städtischen Haushalt, sagen wir einmal in zwei Jahren, würden wir tatsächlich, wie die Grünen fordern, auf 3,3 Millionen für den neuen Stellenplan noch einmal 1,3 Millionen drauflegen, diese Folgen würden wir spüren, weil wir nämlich aufgrund unserer begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten und auch aufgrund der Genehmigungspflicht für unsere Haushalte in den kommenden Jahren harte Einschnitte vornehmen müssten. Das sagen Sie nicht dazu, und das muss ich den Kolleg*innen der Grünen Fraktion zum Vorwurf machen, dass hier eine Forderung aufgestellt worden ist, die nicht umsetzbar ist. Für das Vorgehen von ErLi und Klimaliste gilt natürlich Ähnliches.

Eigene Akzente der SPD-Fraktion

Mit der aus unserer Sicht sinnvollen Ausrichtung des Haushaltsentwurfs haben wir uns auch in diesem Jahr nicht zufriedengegeben, sondern im Verlauf der Haushaltsberatungen als SPD-Fraktion weitere, eigene Akzente gesetzt. Die hohe Bedeutung, die der Bereich Umwelt- und Klimaschutz für uns besitzt, ist auch in diesem Jahr deutlich sichtbar: Im Bereich der Investitionen haben wir so Mittel für die Förderung der Ackerrandstreifen (einer Maßnahme zur Sicherung der Artenvielfalt) und für die Förderung von Photovoltaik und Energiesparmaßnahmen beantragt, für die Stärkung des Umweltverbunds im städtischen Verkehr und die naturnahe Bepflanzung der Innenstadt.

Kultur, Bildung und Begegnung bilden einen weiteren Schwerpunkt: Hier haben wir Mittel für ein regionales Szenefestival – ein eigener Vorschlag unserer Fraktion, die Stärkung des E-Werks, ein Sonderförderprogramm Sport und den Ausbau der digitalen Infrastruktur der VHS beantragt. Unser Ziel der Kultur für Alle verfolgen wir zudem weiter mit den Kunsthaltestellen, digitalen Angeboten der Kulturvermittlung, und der Förderung eines Bürgertreffs in Tennenlohe. In den Feldern Gleichstellung und Vielfalt haben wir u. a. die kostenlose Bereitstellung von Menstruationsartikeln in städtischen Gebäuden und Schulen beantragt sowie die Finanzierung des Fests der Kulturen des AIB und für eine Aufklärungskampagne zu LGBTIQ+ beantragt. Auch in den Bereichen Teilhabe und Armutsbekämpfung haben wir Fördermittel für verschiedene Projekte und für Beteiligung im Rahmen des Sozialberichts eingestellt.

Konstruktive Zusammenarbeit – in der Kooperation und darüber hinaus

Die Basis unserer Kooperation mit der CSU-Fraktion hat sich bei unserem zweiten gemeinsamen Haushalt als sehr stabil erwiesen. Klar erkennbar zeigen sich unsere Gemeinsamkeiten, aber auch das jeweils eigene Profil der beiden Fraktionen. Unsere Zusammenarbeit ist von Vertrauen, Offenheit und Fairness geprägt. Dafür möchte ich mich bei der gesamten CSU-Fraktion und insbesondere bei Christian Lehrmann, Alexandra Wunderlich und Bürgermeister Jörg Volleth ganz ausdrücklich bedanken.

Gemeinsam mit der CSU sind wir vor Beginn der eigentlichen Haushaltsberatungen auf alle demokratischen Fraktionen und Gruppierungen zugegangen und haben zu Gesprächen eingeladen, um uns über allgemeine Haushaltsthemen und ihre jeweiligen besonderen Anliegen auszutauschen. Nicht alle haben dieses Angebot angenommen – miteinander offen zu sprechen, verträgt sich wohl nicht mit der Haltung der Fundamentalopposition, die manche ganz bewusst einnehmen wollen.

Kritik müssen Regierungsmehrheiten für ihr Handeln selbstverständlich hinnehmen, das gehört zu den grundlegenden demokratischen Spielregeln. Wenn sich Stadtratsmitglieder jedoch rundheraus weigern, Schritte zur Kenntnis zu nehmen, die in Richtung auch ihrer expliziten Ziele unternommen werden (siehe die Umsetzung der Maßnahmen, die mit dem Radentscheid vereinbart wurden), so wie es insbesondere die Kolleg*innen der Erlanger Linken und der Klimaliste tun, dann agieren sie damit aus einem kurzsichtigen Profilierungsdrang heraus, verbreiten Fehlinformationen und verweigern sich einer konstruktiven Debatte. Wir hoffen sehr, dass sie in den kommenden Jahren zu einem konstruktiven Miteinander und echter sachlicher Auseinandersetzung finden werden. In jedem Fall sind wir dabei aber sehr zuversichtlich: Die Erlanger Bürgerinnen und Bürger werden erkennen, dass es beim Klima-Aufbruch eben nicht um Schwarz oder Weiß geht, sondern um die ganz konkreten Schritte, die die Stadt dazu im Rahmen ihrer Möglichkeiten unternimmt – und hier haben wir, gerade auch im Vergleich mit anderen Kommunen, sehr Beachtliches vorzuweisen.

In den Beratungen der Fachausschüsse haben wir in Abstimmung mit unserem Kooperationspartner offen und sachlich über die Anträge anderer Fraktionen beraten und einer Reihe davon auch zugestimmt – denn es ist uns durchaus bewusst, dass auch andere gute Ideen haben. Auch der Stellenplanantrag, den wir heute noch als Änderung eingebracht haben, zeugt davon, dass wir Argumente sehr ernst nehmen und unsere Positionen immer wieder überprüfen. Meinen Stadtratskolleginnen und -kollegen, dem Oberbürgermeister und den Referent*innen gebührt großer Respekt dafür, dass es unter den schwierigen Bedingungen der Pandemie auch in diesem Jahr gelungen ist, stets kompetent und konstruktiv schwierige Sachverhalte zu klären und Lösungen zu finden.

Dank an Verwaltung und Bürger*innen

Den Mitarbeiter*innen der Verwaltung in den Fachämtern danken wir für die kompetente Begleitung der Haushaltsberatungen und das Entgegenkommen bei Fragen und bisweilen noch unfertigen Vorschlägen. Insbesondere der Oberbürgermeister, der Bürgermeister und die Referent*innen – allen voran Herr Ternes und sein Team und Herr Beugel mit der Kämmerei, der Personalrat und der Sitzungsdienst – verdienen unseren Dank für all die Zeit und Mühe, die sie für den Haushalt und die Anliegen der Fraktionen aufgewendet haben. Unser Dank gilt auch den Bürgerinnen und Bürgern, den Vereinen und Organisationen, die uns ihre Wünsche und Ideen nahegebracht haben, und selbstverständlich auch den Erlanger Nachrichten für die differenzierte Berichterstattung über unsere Diskussionen.

Mein Fazit lautet:  Der Haushalt für das Jahr 2022 bildet in ausgewogener Form die wesentlichen Investitionen, Budgetmittel, Zuschüsse und Stellenneuschaffungen ab, die die Umsetzung des Klima-Aufbruchs, den sozialen Ausgleich und die Weiterentwicklung unserer Infrastruktur sichern. Gemeinsam mit unserem Oberbürgermeister ist es uns als SPD gelungen, die richtigen Prioritäten zu setzen und den Haushaltsentwurf mit eigenen Vorschlägen zu ergänzen. Dem Haushalt 2022 werden wir daher heute aus voller Überzeugung zustimmen.

Die Haushaltsrede von SPD-Fraktionsvorsitzenden Barbara Pfister bei Youtube:
https://kurzelinks.de/pvfw

Die Haushaltsrede von Oberbürgermeister Florian Janik:
https://kurzelinks.de/ow9