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50. Todestag von Michael Poeschke

Vor 50 Jahren, am 10. Mai 1959, starb der Erlanger Oberbürgermeister Michael Poeschke. Die SPD Erlangen nimmt dies zum Anlass, um an einen großen Erlanger Sozialdemokraten zu erinnern.

Michael Poeschke wurde 1901 als neuntes Kind eines Schneidermeisters geboren. Ab 1915 absolvierte er eine Lehre als technischer Zeichner. Im gleichen Jahr trat er in die sozialistische Arbeiterjugend ein, deren Erlanger Gruppe er von 1919 bis 1923 leitete. 1919 trat er in die SPD ein. Ab 1923 war er Redakteur des Erlanger Volksblattes. 1924 wurde er zum 1. Vorsitzenden der Erlanger SPD gewählt.

Als Redakteur des Erlanger Volksblattes hat er seine Meinung frei geäußert und die Dinge, die ihm damals nicht gepasst haben, die er mit vielen anderen als ungerecht und unmenschlich empfand beim Namen genannt – beschrieben also. Unvorstellbar dass er, genauso wie viele anderen Sozialdemokraten die auch in Erlangen beim Volksblatt gearbeitet haben, wie zum Beispiel Peter Zink oder Josef Felder, der als Reichstagsabgeordneter gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt hat, für seine Gesinnung als Sozialdemokrat im wahrsten Wortsinne bluten musste.

Wie viele Sozialdemokraten war auch Poeschke Misshandlungen der braunen Gewalttäter nach der nationalsozialistischen Machtübernahme ausgesetzt. Poeschke wurde im März 1933 verhaftet und später ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Ende April wurde er kurzzeitig für die Eröffnung des bayerischen Landtages, dessen Mitglied er nach der Neu-Zusammensetzung geworden war, entlassen. An der Abstimmung über das bayerische Ermächtigungsgesetz am 29. April 1933, bei der die SPD-Fraktion mit „Nein“ stimmte, konnte er nicht teilnehmen; er musste wegen der in der Haft erlittenen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Nach einer zweiten Verschleppung ins Konzentrationslager zwischen 1933 und 1934 erhielt er schließlich Berufs- und Stadtverbot. So schlug er sich als Versicherungs-Außenstellenleiter in Oberschlesien durch. Den 2. Weltkrieg machte er an verschiedenen Kriegsschauplätzen als Soldat mit. Ende Juli 45 wurde er aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen, kam nach Erlangen zurück.

Am 6. August 1945 wurde er zum 2. Bürgermeister der Stadt Erlangen ernannt. Gut ein Jahr später, am 4. September 1946, wählte ihn der Erlanger Stadtrat als Nachfolger von Anton Hammerbacher zum Erlanger Oberbürgermeister. In diesem Amt wurde er 1948 durch den Erlanger Stadtrat sowie in Direktwahlen 1952 (92,4 Prozent der Stimmen gegen einen Kandidaten der KPD) und 1958 (57,8 Prozent gegen Heinrich Lades, CSU) bestätigt. Ab 1945 gehörte Poeschke auch dem mittelfränkischen Bezirkstag an, dessen Präsident er ab 1954 war.

In die Amtszeit von Michael Poeschke als Oberbürgermeister fällt die Ansiedlung des Stammsitzes der Siemens-Schuckert-Werke in Erlangen, die später in der Siemens AG aufgingen. Erlangen wurde dadurch zur modernen Industriestadt.

Michael Poeschke hat die zentralen Weichen für das Nachkriegs-Erlangen gestellt, für ein Erlangen als blühender Wirtschaftsstandort, für ein Erlangen, in dem aber die Kommunalpolitik auch ihren sozialen und kulturellen Auftrag erfüllte. Vom Wohnungsbau über die Linderung der Schulraumnot bis zur Förderung der kulturellen Einrichtungen. Poeschkes vernetztes kommunalpolitisches Denken sollte uns heute noch Vorbild und Ansporn sein.

In unserem Buch „120 Jahre Erlanger SPD“ ist nachzulesen:

„Die Liebe zur Natur und seine Wanderfreuden scheinen wesentlich durch seine Lehrer in der Prinzregentenschule geweckt worden zu sein. So galten ihm nicht ferne Länder sondern das Erlanger Land und die Fränkische Schweiz als eigentlicher Erholungsraum. Das einfache Leben im Elternhaus wurde zur Grundlage des sparsamen Stadtoberhauptes, dem jede prunkvolle Repräsentation widerstrebte. Er war ein nüchterner, praktischer Mann, der sich auch mit theoretischen Fragen der großen Politik beschäftigte, die ihn aber nie tief bewegten. … Pünktlichkeit, Exaktheit, Ordnungsliebe, Pflichtbewußtsein, Selbstdisziplin, Anstand und Würde wurden ihm als Grundtugenden nachgesagt. Unermüdliche Initiative, Organisationsfähigkeit und Klugheit prägten ihn als Kommunalpolitiker.“

Die Erinnerung an Michael Poeschke ist für uns auch Verpflichtung, an den Werten festzuhalten, für die er gekämpft hat. Das heißt nicht, dass wir auf Neuentwicklungen oder Herausforderungen nicht neue Antworten geben müssen. Wir müssen unser Tun aber daran messen lassen, ob es der Freiheit, der Gerechtigkeit und der Solidarität dient und ob es vor den Augen der nachfolgenden Generationen bestehen könnte, so wie Poeschkes Wirken ohne jedwede Einschränkung auch heute Bestand hat.

Eine weitere Botschaft ist gerade auch heute aktuell. Sie lautet: Lassen wir nicht zu, dass schon wieder in unserem Lande wie zur Zeit des Nationalsozialismus Minderheiten diskriminiert, deren Angehörige als Sündenböcke verteufelt und gegen sie zuerst verbale und dann auch körperliche Gewalt propagiert und angewendet werden. Sehen wir nicht weg, wenn der Ungeist von neuem sein Haupt erhebt. Zucken wir nicht mit den Achseln, wenn Mitmenschen beleidigt, bedroht und geschlagen werden. Was Michael Poeschke und anderen, die nicht weggeschaut haben, widerfuhr, darf nicht ein weiteres Mal geschehen. Darum müssen wir der Gleichgültigkeit und dem Vergessen wehren. „Nie wieder!“

Das muss der Appell sein, der von einem Gedenktag wie dem 10. Mai ausgeht.

Dieter Rosner