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Fachgespräch „Bildungsintegration von Geflüchteten“ von Alexandra Hiersemann

Für die Geflüchteten geht es um das Erlernen der deutschen Sprache, unserer Kultur, unserer Wertvorstellungen, unseres Systems und vieles mehr. Auch wir müssen überlegen, wie wir die neuen Schülerinnen und Schüler bestmöglich fördern können, wie wir herausfinden, zu welcher Schule ein Kind besser passt oder wie man zum Beispiel vom Krieg traumatisierten Minderjährigen hilft. Dies sind nur einige der Fragen, die sich in der jetzigen Situation stellen. All das muss organisiert und finanziert werden. Zum Glück gibt es viele engagierte Menschen (Lehrer, Eltern, Ehrenamtliche, Kommunen u.v.m.), die sich bereits um die Lösung solcher Fragen kümmern.

Um diesen Prozess aber noch zu verbessern und zu intensivieren, veranstaltete Alexandra Hiersemann mit ihrem Landtagskollegen Martin Güll, auf Initiative der SPD-Stadtratsfraktion Erlangen, das Fachgespräch „Bildungsintegration von Geflüchteten“ am 28. Juni 2016 im Bayerischen Hof in Erlangen. Martin Güll, MdL, ist Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Kultus im Bayerischen Landtag und zugleich bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Teilnehmer des Fachgesprächs waren verschiedenste Bildungsexpertinnen und Bildungsexperten: Vertreterinnen und Vertreter von Grundschule, Mittelschule, Realschule, Berufsschule, Gymnasium, Volkshochschule, SPD-Stadtratsfraktion, Stadt Erlangen und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Eine angeregte und anregende Diskussion hatte das Ziel, Forderungen und Ideen im Hinblick auf die Integrationsaufgabe anzusprechen, um diese anschließend in den politischen Prozess einspeisen zu können. Die Diskussion orientierte sich schnell an sechs zentralen Themen: Sprachförderung, Bildungsclearing, ehrenamtliche Hilfe, schulische Angebote, Personalförderung und Finanzierung.

Sprachförderung sei das A und O bei der Eingliederung von Schülerinnen und Schülern wurde gleich zu Beginn der Diskussion deutlich gemacht. Denn ohne die Beherrschung der deutschen Sprache, kann man dem Unterricht nicht folgen und keine Prüfungen erfolgreich ablegen, selbst wenn der „Stoff“ bekannt sein sollte. Hier bedarf es gesteigerter Anstrengung, die die Schulen nach gemeinsamer Ansicht nicht alleine leisten können. Gefordert wurden mehr Personal, intensivere Deutschkurse und vor allem mehr Deutschkurse, denn wie sollen Deutschkurse erfolgreich absolviert werden (wie im neuen Integrationsgesetz der Bayerischen Staatsregierung gefordert), wenn nicht ausreichend Deutschkurse angeboten werden. Kurzfristig wurde um die Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern und Drittkräften für Deutschkurse gebeten.

Damit die neuen Schülerinnen und Schüler effektiv lernen können, muss man allerdings zuerst feststellen, auf welchem Bildungsstand sie sich befinden. Dass dies nicht so einfach ist und hier noch großer Verbesserungsbedarf besteht, waren sich alle Teilnehmer einig. Idealerweise sollen vergleichbare Tests kultur- und sprachunabhängig feststellen, welches Bildungsangebot am besten passt. In Erlangen kümmert sich die Stadt aus eigenen Mitteln bereits um das Bildungsclearing, obwohl dies Aufgabe des bayerischen Staates ist. Ein Paradebeispiel dafür, wie sich die Menschen vor Ort, in Ermangelung staatlicher Unterstützung, für die Neuankömmlinge einsetzen.

Hoch gelobt wurden die vielen ehrenamtlichen Helfer. Ohne sie wäre die Eingliederung der Geflüchteten kaum möglich. Doch auch die Helfer stoßen an ihre Leistungsgrenzen. Oft nicht auf ihre Aufgaben vorbereitet, geschweige denn ausgebildet, kümmern sie sich um alle Aspekte des Lebens eines Geflüchteten. Dass man von einem ehrenamtlichen Helfer nicht erwarten kann, dass er sich z.B. mit der Behandlung von Traumata auskennt, dürfte klar sein. Darum müssen die Ehrenamtlichen durch den Staat gefördert, ausgebildet und vor allem entlastet werden. Ein klarer Auftrag an die Politik, insbesondere die Bayerische Staatsregierung.

Darüber hinaus wurde auch zum Thema Schulsystem und Bildungsangebote einiges an Änderungsbedarf geäußert. So solle ein „Pool“ an Förderstunden geschaffen werden, den die Schulen bei Bedarf abrufen können, wenn Lehrkräfte fehlen. Lehrer und Dozenten sollten besser geschult werden, um z.B. Deutsch als Fremdsprache vermitteln oder besser mit kulturellen Unterschieden umgehen zu können. Zusätzlich besteht ein großer Bedarf an Informationsmaterial (Broschüren, Videos etc.) für Schülerinnen und Schüler, um einfacher Fragen zu beantworten und Probleme zu lösen. Auch hier muss der Freistaat Bayern in die Pflicht genommen werden. Die Stadt Erlangen konnte aber bereits mit eigenen Anstrengungen aufwarten. Auf der Internetseite http://erlangen.helpto.de/de werden Hilfesuchende, engagierte Bürgerinnen und Bürger, Initiativen, Organisationen, Unternehmen und Kommunen zusammengebracht, um sich gegenseitig zu unterstützen und auszutauschen.

All diese Maßnahmen müssen natürlich finanziert werden. Noch bezahlen oder übernehmen unentgeltlich viele Kommunen, Schulen und ehrenamtliche Helfer eine Vielzahl der Integrationsaufgaben- und angebote. Doch das darf und kann nicht zum Dauerzustand werden, denn eines ist klar: Die Aufgabe der Bildungsintegration wird noch Jahre andauern. Die Ressourcen seien da, sagte der Bildungsausschussvorsitzende Martin Güll, nur müssten sie freigemacht und an der richtigen Stelle eingesetzt werden. Besonders die Kosten für zusätzliche Lehrer und deren weitere Ausbildung muss der Freistaat Bayern tragen, denn das ist Sache der Länder.

Bessere Organisation, engere Koordination, mehr ausgebildetes Personal, passgenaue Bildungsangebote und bessere Bildungsinstrumente, all das gilt es zu erreichen. Erfreulicherweise gibt es so viele engagierte Menschen, die sich um das Wohl der Neuankömmlinge sorgen und Einwanderung als Chance für die Zukunft verstehen. Ich danke allen Beteiligten für die Teilnahme am Fachgespräch, für die Schilderungen ihrer Erfahrungen aus der täglichen Arbeit und Ideen für Verbesserungen aber vor allem für ihren Einsatz für Geflüchtete und deren Integration!